Lernspirale - Der buddhistische Weg

Die buddhistische Lernspirale – Der buddhistische Weg – Teil 2

Wenn du zu den Menschen gehörst, die gern systematisch vorgehen, ist das 1 x 1 des buddhistischen Weges für dich genau das Richtige. Dabei gehen wir wie in einer Spirale auf unserem Weg immer weiter nach oben, kommen an „Altbekanntem“ wieder vorbei und verstehen es besser als auf der Ebene darunter.

Das Geheimnis des Weges ist, immer weiter zu gehen – dann wirst du auch das Ziel erreichen, Nibbana (Nirvana).

 

Die einzelnen Schritte des 1 x 1 auf dem buddhistischen Weg
Vertrauen

Der Buddha hat ein 1 x 1 des Lernens aufgestellt, was nicht nur für seine Lehre gilt, sondern für alles, was man lernen will.

Im ersten Teil des buddhistischen Weges ging es um die Frage, was einen guten buddhistischen Lehrer ausmacht und ob man überhaupt einen Lehrer braucht.

Hast du schon eine Entscheidung getroffen? Ich nehme die Lehre selbst als Lehrer und folge damit dem Rat, den der Buddha kurz vor seinem Tod gegeben hat.

Wie geht es weiter auf dem buddhistischen Weg?

„Hat er ihn (den Lehrer) bei dieser Erforschung geläutert von Eigenschaften der Blendung befunden, dann zieht Vertrauen bei ihm ein. Aus Vertrauen kommt er aufmerksam zu ihm heran.“

Das Vertrauen ist zwar schon ein geprüftes Vertrauen, aber erst ein Anfangsvertrauen. Überprüfe immer wieder, ob dein Vertrauen gerechtfertigt ist.

 

Aufmerksamkeit und offene Ohren

Ohne Aufmerksamkeit können wir nichts aufnehmen. Wenn wir dauernd in unseren eigenen Gedanken surfen, verpassen wir das Meiste.

„Aufmerksam herangekommen, schließt er sich ihm an.

Weil er sich ihm aufmerksam angeschlossen hat, hört er die Lehre.

Mit offenen Ohren nimmt er die Lehre auf.“

Dieses aufmerksame offene Zuhören stellt den inneren Kommentator zur Seite.  Zunächst ist es erst einmal wichtig, genau aufzunehmen, was gesagt wird oder geschrieben steht, ohne es durch die eigene Sicht zu verzerren.

Was steht da oder was höre ich? Was bedeutet es? Wie ist es gemeint? Wenn ich nicht verstehe, was eigentlich gemeint ist, kann ich mich auch nicht richtig damit auseinandersetzen. Ich würde mich ja nur mit meinen eigenen Vermutungen auseinandersetzen und nicht mit dem, was gesagt wurde.

Durch das aufmerksame offene Zuhören ist die Grundlage für das weitere Überdenken geschaffen.

 

Überprüfen und den Sinn verstehen

„Wie er sie gehört hat, so behält er die Lehre im Gedächtnis.

Die so bewahrten Lehren prüft er gründlich auf ihren Sinn.

Dem gründlich Prüfenden erschließen sich die Lehren.“ 

Wenn du die buddhistischen Lehrreden im Original liest, wird dir auffallen, dass jede Lehrrede mit dem Satz beginnt “ So habe ich gehört“.

Zu Buddhas Zeiten gab es noch kein Papier.  Die buddhistischen Lehrreden wurden lange Zeit durch gemeinsames Rezitieren auswendig überliefert. Die Sprachforscher sagen, dass diese Methode eine sehr zuverlässige Überlieferungsmethode ist, weil durch das gemeinsame Sprechen die Fehler eines Einzelnen schnell korrigiert werden.

Wir haben heute die Texte schriftlich vor Augen, deshalb brauchen wir sie nicht mehr auswendig zu lernen. Ich tue es trotzdem mit Texten, die mir wichtig sind. Es macht mir Spaß, mich einfach im Kopf damit zu beschäftigen, wenn ich im Zug sitze oder als Beifahrer im Auto.

Der nächste Schritt ist, die Lehre gründlich auf ihren Sinn zu prüfen. Also: was ist der Sinn des Gesagten? Kann ich es im eigenen Leben überprüfen?  Man muss nicht einfach etwas glauben, denn zur Prüfung gehört auch, im eigenen Leben zu beobachten, ob es stimmt, was der Buddha sagt oder nicht. Mit dieser gründlichen Prüfung beginnt man, die Lehre zu verstehen und begreift die Wahrheit, zunächst mit dem Verstand.

 

Der eigene Weg wird geboren

„Weil sich ihm die Wahrheit erschließt, wird ein neuer Wille geboren.

Ist ein neuer Wille geboren, so wird er entschlossen.

Mit Entschlossenheit wägt er sein Vorgehen ab.

Klar über sein Vorgehen, kämpft er sich vorwärts.

Mit dem neuen Willen wird der eigene buddhistische Weg geboren. Der Wille ist entstanden, weil ich die Wahrheit begriffen habe. In dem Augenblick kann ich gar nicht mehr anders, als den Weg weiter zu gehen. Durch meine eigene Überprüfung habe ich ja erkannt: es stimmt, es ist logisch, es ist wahr.

 

Das richtige Tempo

Nun bin ich entschlossen, den buddhistischen Weg zu gehen.  Wichtig ist nun, sich zu überlegen, auf welchem Weg komme ich am besten ans Ziel?

Manche entscheiden sich, ihr gesamtes Leben und ihre gesamte Zeit dem Weg zu widmen und werden Mönche oder Nonnen.

Ich bin Laie geblieben und als Laie habe ich ein anderes Tempo, denn ich muss ja noch so viele andere Dinge tun.

Wie bei jeder langen Wanderung ist dabei ein kluges Tempo entscheidend.

Früher habe ich gern Fernwanderungen gemacht. Ein Trick hat es mir möglich gemacht, immer durchzuhalten, auch wenn die Tour schwer war: Ich bin nur so schnell gegangen, dass ich immer durch die Nase atmen konnte. Heute würde man sagen, ich bin immer im aeroben Bereich gegangen, es konnte sich keine Milchsäure anhäufen, die ab einer bestimmten Grenze einen Abbruch mit einer längeren Pause erzwungen hätte.

Es hat keinen Sinn, sich zu überfordern und dann alles hinzuwerfen, weil es einfach zu viel ist. Du könntest dir zum Beispiel vornehmen, jeden Tag zu meditieren, dich sofort immer an alle 5 Tugenden zu halten, jeden Tag eine Lehrrede zu lesen…

Jeden Tag, immer… dieser Satzbeginn könnte auf eine Überforderung hinweisen.

Aber auch Unterforderung bringt dich nicht weiter. Die Balance muss immer wieder neu gefunden werden muss. Überfordert mich das jetzt? Oder bin ich träge geworden auf meinem Weg?

 

Die richtige Methode

Es heißt „Klar über sein Vorgehen kämpft er sich vorwärts„.

Wenn ich etwas neu lerne, folge ich erst einmal der vorliegenden Anleitung. Wenn ich es dann gut genug kann, kann ich vielleicht einen eigenen Weg finden, aber am Anfang ist eine Anleitung auf jeden Fall sinnvoll.

Ich finde meine Anleitung im Palikanon, den Vorträgen des historischen Buddha, der etwa 500 v. Chr. gelebt hat.

Der buddhistische Weg ist kein leichtes Wohlfühlprogramm. Es geht nicht darum, ein wenig zu meditieren und sich dann durch den Stressabbau etwas besser zu fühlen. Es geht darum, vollständig die Wirklichkeit zu erkennen. Deshalb müssen wir uns auf dem Weg „vorwärts kämpfen“, denn viele hinderliche – unheilsame – Impulse wollen uns immer wieder davon abhalten. Schon die 5 Tugenden können einem einiges abverlangen.

 

Die Wahrheit erkennen

„Gründlich und beharrlich arbeitend, erfährt er leibhaftig die höchste Wahrheit, und mit alles durchdringender Klarheit schaut er sie.

So gelangt man zur Erkenntnis der Wahrheit, das ist es, was ich als Wahrheitserkenntnis bezeichne.

Aber das EINMÜNDEN in die Wahrheit ist das noch nicht.“

Wenn du geduldig und beharrlich auf dem Weg bleibst, kommt der Augenblick, in dem „dir plötzlich ein Licht aufgeht“. Du begreifst die Wahrheit, vielleicht nur für einen Augenblick. Du weißt, dass du die Wahrheit erkennst. Und du fragst dich, wieso du das eigentlich bisher nicht gesehen hast.

Es fällt dir buchstäblich wie Schuppen von den Augen. Das ist das Erkennen der Wahrheit. Diese Erkenntnis wird wieder abklingen und die übliche „normale“ Weltsicht wird wieder in den Vordergrund rücken.

 

Die Lernspirale mündet in die Wahrheit

Auf die Frage, wie man denn in die Wahrheit einmündet, antwortet der Erwachte:

„Eben diese Dinge pflegen, entwickeln und immer wieder ausbilden, das ist das Einmünden in die Wahrheit. Insofern gibt es ein Einmünden in die Wahrheit. So mündet man in die Wahrheit ein; das ist es, was ich das Einmünden in die Wahrheit nenne.“

Um in die Wahrheit einzumünden, empfiehlt der Erwachte, folgende Eigenschaften immer wieder einzuüben

„Um in die Wahrheit einzumünden, ist beharrliches Arbeiten immer wieder einzuüben. Wer sich da nicht durchringt, der kann nicht zur Wahrheit gelangen. Wer aber beharrlich arbeitet, gelangt zur Wahrheit. Deshalb ist, um zur Wahrheit zu gelangen, immer wieder beharrliches Arbeiten zu üben.“

Erst durch das Wiederholen der Schritte, immer und immer wieder, können wir in die Wahrheit einzumünden, in ihr aufgehen.

Erst wenn wir

  • immer wieder Vertrauen fassen
  • immer wieder hingehen
  • uns immer wieder dem Lehrer anschließen
  • immer wieder der Lehre aufmerksam lauschen
  • immer wieder die Lehre hörend aufnehmen
  • uns immer wieder die Lehre einprägen
  • immer wieder Sinn und Ziel prüfen
  • immer wieder die Lehren dem Blick erschließen
  • immer wieder den Willen neu fassen
  • immer wieder uns entschließen
  • immer wieder abwägen
  • immer wieder beharrlich arbeiten,

können wir in der Wahrheit aufgehen, Nibbana (Nirvana) erreichen. (M 95, Canki-Sutta).

 

Immer weiter machen

Das Wichtige ist: Mach‘ immer weiter.

Lass dich nicht entmutigen, wenn du denkst, du kommst nicht voran. Jeder noch so kleine Schritt ist ein Schritt weiter. Wie könnte dein nächster Schritt aussehen?

 

Lass uns an deinen Gedanken in den Kommentaren teilhaben.

 

Lehrrede Canki-Sutta M 95: Übersetzung Fritz Schäfer aus „Der Buddha sprach nicht nur für Mönche und Nonnen

Bild: Lizenz: CC0 Public Domain, Alexandria

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