Der Edle Achtfache Pfad ist die Anleitung des Buddha, wie du dich endgültig von allem befreien kannst, was Unzufriedenheit oder Leid verursacht.
Der Edle Achtfache Pfad ist kein Weg, auf dem du alle Stufen vom ersten bis zum achten Glied einmal durchgeht und dann fertig bist. Auch er verläuft in Spiralform.
Das heißt, du beschäftigst dich immer wieder mit den einzelnen Wegabschnitten und begreifst sie zunehmend tiefer.
Erst verstehst du etwas vom Verstand her, dann erkennst du es in der Außenwelt wieder. Als nächstes merkst du, dass es dich selbst betrifft. Und wenn du vor dieser Erkenntnis nicht wegläufst, kommst du immer weiter voran auf dem Edlen Achtfachen Pfad.
Der Pfad mündet in das Erwachen.
Der Edle Achtfache Pfad – Die achtspurige Autobahn aus Dukkha
Der Buddha hat in seinem eigenen Erwachungserlebnis den Weg aus Dukkha erkannt und im Edlen Achtfachen Pfad gelehrt.
Es ist kein enger Pfad, sondern eher eine achtspurige Autobahn. Wer auf dieser Autobahn fährt und alle Spuren nutzt, kann Dukkha entgültig beenden.
Die acht Glieder des Edlen Achtfachen Pfades
Die einzelnen Spuren der Autobahn werden in der traditionellen buddhistischen Sprache die acht Glieder des Pfades genannt.
Der Edle Achtfache Pfad besteht aus drei Wegabschnitten mit insgesamt 8 Gliedern. Ich habe die drei Wegabschnitte hinzugefügt.
Die drei Wegabschnitte sind
I. Erkenntnis, Weisheit
II. Tugend, Ethik
III. Meditation
Der Erwachte sagt:
„Dies, Mönche, ist die hohe Wahrheit von dem zur Leidensaufhebung führenden Wege: Es ist dieser achtspurige Weg, nämlich
(I. Erkenntnis) rechte Ansicht, rechte Gesinnung,
(II. Tugend) rechte Rede, rechtes Verhalten, Rechter Lebensunterhalt
(III. Meditation) rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit, rechte Meditation.“
(S56, 11.8)
1. Rechte Ansicht
Am Anfang steht die rechte Ansicht. Der Buddha erklärt die rechte Ansicht so:
„Was, Mönche, ist rechte Ansicht? Es ist, Mönche, die Kenntnis des Leidens, die Kenntnis vom Ursprung des Leidens, die Kenntnis von der Aufhebung des Leidens und die Kenntnis von dem zur Leidensaufhebung führenden Weg. Dies Mönche, nennt man rechte Ansicht.“ (D 22,21)
Die rechte Ansicht ist also die Kenntnis der Vier Edlen Wahrheiten.
2. Rechte Gesinnung
„Und was, Mönche, ist die rechte Gesinnung? Es ist, Mönche, die Gesinnung zur Entsagung, die Gesinnung zum Wohlwollen und die Gesinnung zur Nichtschädigung (anderer Wesen). Das, Mönche, nennt man die rechte Gesinnung.“ (D 22,21)
Mit der Rechten Gesinnung ist eine innere Einstellung gemeint, mit der man keinen Schaden mehr anrichtet. Dazu gehören Zufriedenheit mit einem bescheidenen Leben, Wohlwollen und Friedfertigkeit allen Wesen gegenüber.
3. Rechte Rede
„Und was, Mönche, ist rechte Rede? Das Vermeiden von Lüge, das Vermeiden von Verleumdung, das Vermeiden barscher Worte, das Vermeiden von Klatsch.“ (D 22,21)
Wahrheitsgetreu, wohlwollend und respektvoll zu reden und nicht zu klatschen, ist eine tägliche Übung, die du jederzeit ohne extra Zeitaufwand durchführen kannst.
4. Rechtes Verhalten
„Und was, ihr Bhikkus, ist rechtes Verhalten? Enthalten vom Töten, Enthalten vom Nehmen dessen, was einem nicht gegeben wurde, Enthaltung von Zügellosigkeit in sexuellen Dingen“ (D 22,21)
Das rechte Verhalten ist, Mitgefühl allen Wesen gegenüber zu praktizieren, großzügig zu sein und sich in der Sexualität so zu verhalten, das niemand darunter leidet und auch die starken sexuellen Triebkräfte nicht immer weiter anzufachen.
5. Rechter Lebenserwerb
„Wer, Mönche, ist eine Person, die andere peinigt, die darauf aus ist, anderen Wesen Qualen zuzufügen? Das ist, Mönche, eine Person Hammelschlächter, Schweineschlächter, Geflügerschlächter, Fallensteller, Jäger, Fischer, Dieb, Scharfrichter, Kerkermeister oder jemand, der einem anderen blutigen Beruf nachgeht.“ (M 51,9)
“ Fünf Arten des Handels sollte ein Laienbekenner nicht betreiben. Welche fünf? Den Handel mit Waffen, den Handel mit Lebewesen, den Handel mit Fleisch, den Handel mit berauschenden Getränken und den Handel mit Giften.“ (A 5, 177)
Wer in seinem Beruf anderen Wesen schadet, kann nicht auf seinem Weg zur Befreiung vorankommen.
6. Rechte Anstrengung
Die rechte Anstrengung hilft dabei, unheilsame Geistesinhalte zu verringern und heilsame zu vermehren. Unheilsam ist alles, was dich oder andere oder euch beide in Bedrängnis bringt.
Wobei soll man sich nun genau anstrengen?
Der Buddha erklärt es so:
„Was, ihr Mönche, ist rechte Anstrengung? Da aktiviert ein Mönch seinen Willen, bemüht sich, nimmt seine Kräfte zusammen, strengt seinen Geist an, um unentstandene, böse, unheilsame Geistesinhalte am Aufkommen zu hindern.
Er aktiviert seinen Willen, um bereits entstandene, böse, unheilsame Geistesinhalte zu überwinden.
(Ebenso) aktiviert er seinen Willen, um noch nicht entstandene heilsame Geistesinhalte zu erzeugen.
Er aktiviert seinen Willen, bemüht sich, nimnmt seine Kräfte zusammen, strengt seinen Geist an, um entstandene, heilsame Geistesinhalte zu bewahren, sie nicht entschwinden zu lassen, sie zum Wachsen, zur Vollentwicklung zu bringen.
Das Mönche nennt man rechte Anstrengung“. (D 22,21)
Niemand wird von allein zu einem besseren Menschen, der liebevoll und wohlwollend ist.
Dazu muss man sich gehörig anstrengen. „Er aktiviert seinen Willen, bemüht sich, nimnmt seine Kräfte zusammen, strengt seinen Geist an…“
Um die unheilsamen Geistesinhalte zu verringern und die heilsamen Geistesinhalte zu vermehren, ist es notwendig, sie überhaupt erst einmal zu spüren. Fühle immer wieder in dich hinein und mache eine Bestandsaufnahme.
Wie sieht es gerade jetzt in deinem Geist und Herzen aus?
Auch wenn es gerade nicht so heilsam in dir aussieht – du brauchst dir nichts vorzuwerfen. Das ist der „Normalzustand“. Du kannst etwas dagegen tun.
7. Rechte Achtsamkeit
Bei der rechten Achtsamkeit geht es darum, den Körper, Empfindungen, Herz-Geist (citta) und Geistesobjekte achtsam zu betrachten.
Wenn du achtsam alles betrachtest, was in deinem Bewusstsein auftaucht, wirst du feststellen, dass der Buddha die Wahrheit gesagt hat:
Alles ist vergänglich und hat keinen ewig bestehenden Kern. Deshalb kann nichts endgültig glücklich machen.
Diesen Strahl der Achtsamkeit kannst du auf wirklich alles richten. Du kannst diese Achtsamkeitsmeditation auch gut außerhalb der formalen Meditation auf dem Sitzkissen machen und hast so immer die Möglichkeit zu meditieren.
Die ausführliche Anleitung dazu findest du im Satipatthana-Sutta .
8. Rechte Sammlung
Diese Meditationsform wird in der formalen Meditation praktiziert. Das heißt, man sitzt aufgerichtet und arbeitet mit einem Konzentrationsobjekt, um sein Herz und seinen Geist zu sammeln. Dadurch wird der Weg für tiefe Einsichten bereitet. Es können verschiedene Versenkungsstufen erreicht werden, die sehr beglückend sind. So beglückend, dass das „Glück“ des alltäglichen Lebens daneben verblasst und du immer weniger daran hängst, dass deine Wünsche in Erfüllung gehen. Denn du weißt inzwischen, dass es ein noch viel schöneres Glück gibt, dass du bei entsprechender Übung jederzeit erreichen kannst.
Diese Versenkungen werden unabhängig von der religiösen Ausrichtung auf jedem mystischen Weg beschrieben. Im Christentum heißen sie „Schauungen“. Das Glück ist so tief, dass der christliche Mystiker Ruysbroeck glaubte, er habe die „selige Ewigkeit funden“.
Auch im Islam gibt es wunderbare Texte, die das tiefe Glück dieser Erfahrung vermitteln.
Der Erwachte hat die Stufen so beschrieben:
„- Sinnlichen Lüsten fern, frei von unheilsamen Geistesinhalten, gewinnt der Mönch die mit Nachdenken und Erwägen verbundene, aus der Abgeschiedenheit resultierende, von Freude und Glücksgefühl erfüllte erste Versenkungsstufe und verweilt darin.
– Nach dem Zurruhekommen von Nachdenken und Erwägen gewinnt er den inneren Frieden, die Konzentration des Geistes, die aus der Meditation resultierende, von Freude und Glücksgefühl erfüllte zweite Versenkungsstufe und verweilt darin.
-Nach der Aufhebung der Freude verweilt er leidenschaftslos, achtsam und klarbewusst und fühlt in sich das Glück, von dem die Edlen sagen: ‚Glücklich ist, wer gleichmütig und achtsam weilt.‘ So gewinnt er die dritte Versenkungsstufe und verweilt darin.
– Nach dem Schwinden von Glücksgefühl und Schmerz und durch das Verschwinden der früheren Hochstimmung und Trübsal gewinnt er einen leid- und freudefreien Zustand, die durch Gleichmut und Bewusstheit gereinigte vierte Versenkungsstufe, und verweilt darin.“
Auch wenn manche glauben, sie hätten einen Blick in das Paradies geworfen – diese Versenkungsstufen sind nicht das Ziel des Weges. Sie unterliegen denselben Gesetzes wie alles andere.
Durch bestimmte Bedingungen (Konzentration) entstanden, hören sie auf, wenn die Konzentration nachlässt. Das schmerzt besonders. Wie alles andere sind auch sie vergänglich und leidhaft. Deshalb können sie nicht das letzte Ziel darstellen.
Von der vierten Versenkungsstufe aus ist es möglich, in das volle Erwachen zu gelangen. Machen kann man es allerdings nicht. So wie sich die Versenkungen bei richtiger Konzentration von selbst einstellen und man sie nicht direkt erzeugen kann, kann man auch das Erwachen nicht direkt erzeugen. Es muss sich einstellen.
Mein Lernprozess auf dem Edlen Achtfachen Pfad
So ging es mir bei meinem Weg auf dem achtfachen Pfad. Ich nehme ein Glied, das der rechten Ansicht (1) heraus.
Die Entwicklung hat viele Jahre, eigentlich Jahrzehnte gedauert, und ich bin auch nicht die ganze Zeit bei dem ersten Glied des edlen achtfachen Pfades geblieben. Und vermutlich gibt es noch tiefere Ebenen, die ich noch nicht erfasst habe.
Zwischendurch habe ich daran gearbeitet, den Tugendabschnitt zu verstehen und umzusetzen. Dann wieder habe ich den Meditationsabschnitt vertieft.
Und dann bin ich wieder auf die rechte Ansicht zurückgekommen.
Verstandesmäßiges Erfassen
Zunächst habe ich mit dem Verstand begriffen: Es gibt Leiden. Klar, das ist ja offensichtlich.
Und dann gibt es noch das nicht so offensichtliche Leiden, die Unzufriedenheit. Eigentlich dachte ich, ich sei ein sehr zufriedener Mensch. Aber wenn ich einfach so auf der Couch sitze und nichts tue, fällt mir praktisch im Sekundentakt etwas ein, was ich sonst noch so machen könnte. Ganz offensichtlich ist etwas in mir nicht zufrieden damit, einfach nur zu sitzen. Sonst würde mein Gehirn mir ja nicht andauernd neue Vorschläge machen.
Also musste mir eingestehen, dass ein untergründiges Unzufriedenheitsgefühl so gut wie immer vorhanden ist.
Und wenn ich etwas verliere, was ich mag oder liebe, leide ich selbstverständlich darunter.
Dieses Wissen blieb eine ganze Zeit lang Verstandeswissen. Ich sah es rational ein, aber emotional spürte ich die Wirklichkeit nicht. Und überhaupt – immer an Dukkha zu denken, das geht ja gar nicht, oder? Wie soll man denn dann noch glücklich sein, wenn man überall Leiden sieht? Ist es nicht zu krass, das Leben so zu betrachten?
Erfahrungswissen
Dann spürte ich es am eigenen Leibe. Ich erlebte etwas Wunderbares – es ging vorüber. Und ich litt. Oder ich wünschte mir sehnlichst etwas und bekam es nicht. Oder ich bekam etwas, was ich aber überhaupt nicht haben wollte. Auch darunter litt ich, mal mehr, mal weniger.
Ich erlaubte mir, die Angst zu spüren, meine Partnerin zu verlieren, als sie krank war; überhaupt zu verlieren, was ich hatte.
Ich fühlte die nagende innere Unzufriedenheit. Und wenn ich etwas Schönes erlebte, wusste ich im selben Moment, dass es nicht so bleiben würde.
Erkenntnis
So wurde mir immer klarer, dass Dukkha wirklich überall ist. Was Dukkha genau ist, habe ich Hier beschrieben.
In allem, selbst dem schönsten Erlebnis und den Versenkungsstufen der Meditation (s.u.), ist der Samen von Dukkha gesät, denn sie alle gehen irgendwann wieder zu Ende.
Und mir wurde klar: Was ich meistens „Glück“ nenne, nenne ich Glück, weil ich einen Teil der Wirklichkeit ausgeblendet habe, nämlich dass nichts von Dauer sein wird. Dieses Glück ist eigentlich ein Rauschzustand.
Ausgenüchtert von diesem Rausch fühle ich mich unendlich befreit.
Befreit vom Jagen nach Glücksgefühlen, die doch immer wieder vorbeigehen, und befreit vom Weglaufen vor dem Unglück – denn auch das geht vorbei. Befreit von der Angst, dass ich Liebgewonnenes verlieren könnte – ich weiß, ich werde es verlieren.
Manchmal lasse ich mich noch in den Strudel hineinziehen und spüre, wie schrecklick es sich anfühlt. Ich bin dann jedes Mal sehr erleichtert, wenn ich mich wieder aus dem Strudel befreien kann.
Allmählich entsteht eine unbeschreibliche innere Ruhe, die ich nicht mehr gegen diesen Wirbel von Glück und Unglück eintauschen möchte.
Wie kannst du vorgehen?
Welches Glied des edlen achtfachen Pfades spricht dich an oder gibt es etwas, was du schon immer mal nachlesen oder ausprobieren wolltest.
Dann nimm dir den Abschnitt als Schwerpunkt für die nächste Woche oder länger vor
Übe in deinem täglichen Leben, lies etwas darüber, meditiere auf dem Sitzkissen oder im Alltag.
Welches Glied wählst du als Schwerpunkt für die nächsten Schritte auf dem edlen achtfachen Pfad?
Lass uns an deiner Entscheidung und deinen Erfahrungen teilhaben.
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Übersetzung der Texte und Inspiration: Hans Wolfgang Schumann, Der Buddha erklärt sein System, Verlag Beyerlein Steinschulte
Bild: CCO EnzoMle, pixabay
Der Artikel hat mir sehr gut gefallen und mir weitergeholfen.
Lieber Simon,
herzlichen Dank für deine Rückmeldung :-).
Liebe Grüße,
Christiane
Dieser Beitrag hat mir sehr gut gefallen und mich auch ein Stück wieder weiter gebracht danke schön
Liebe Gertrud,
ich danke dir für deinen Kommentar. Es freut mich sehr, dass der Beitrag dich ein Stück weiter gebracht hat.
Alles Liebe,
Christiane
Dieser Artikel hat mir sehr gut getan. Dieses “ ich weiß es geht vorbei “ hilft sehr viel besser als das warten auf eine eventuelle Auferstehung. Er hat mich sehr inspiriert noch mehr über die buddh. Lehre zu erfahren. Dank und liebe Grüße von Martina
Liebe Martina,
herzlichen Dank für deinen Kommentar. Ja, alles geht vorbei. Manchmal ist das angenehm, und manchmal unangenehm, denn wir alle wären so gerne immer zufrieden. Ich wünsche dir viel Freude bei der Erforschung der buddhistischen Lehre :-).
Liebe Grüße,
Christiane