Der buddhistische Weg im Alltag

Hast du dir schon einmal vorgenommen: „Ich will jeden Tag meditieren“ – und dann wieder aufgehört und dir dafür die Schuld gegeben? Nun, vielleicht lag es gar nicht an dir, sondern die Aufgabe war zu schwer. Die Inder zu Buddhas Zeiten protestierten, wenn der Buddha ihnen eine Übung empfahl, die sich nicht mit ihrem übrigen Leben vertrug. Und der Buddha tadelte sie nicht, sondern bot ihnen eine leichtere an.

Woher ich das weiß? Seine Lehrreden sind im Palikanon überliefert. Viele richten sich ausschließlich an Laien, andere an Mönche und Nonnen.

Genauso wie der Trainingplan eines Freizeitsportlers anders aussieht als der eines Profisportlers, gibt es auch den buddhistischen Weg für Menschen, die zu Hause leben und sich nicht ganztags der Praxis widmen können.

Fragen wir also den Buddha. Wir besuchen die Stadt Benares in Indien vor 2500 Jahren, die Frage stellt Dhammadinno.

 

Das Gespräch mit Dhammadinno

Der Buddha kam eines Tages als Wandermönch nach Benares. Dort suchte Dhammadinno ihn auf, ein Laienschüler. Das heißt, er lebte genau wie du und ich zu Hause und praktizierte die buddhistische Lehre. Er brachte noch 500 weitere Anhänger mit und fragte den Buddha:

“ Herr, bitte belehre uns, leite uns an, damit es uns lange Zeit zum Wohl und zum Heil gereicht.“

Der Buddha riet zunächst, sie könnten

„sich von Zeit zu Zeit jene vom Erhabenen gehaltenen tiefen Lehrreden mit tiefem, über die Welt hinausleitendem, von der Leerheit handelndem Inhalt vornehmen.“

Dhammadinno wendete ein:

„Herr, das ist für uns, die wir im Haus im Gewimmel von Kindern leben und uns an Geld und Gut erfreuen, nicht gut zu machen. Der Herr möge uns, die wir auf den 5 Übungspfaden aufbauen, die Lehre darüber hinaus zeigen.“

Unglaublich, oder? Da schlägt der berühmteste Wandermönch dieser Zeit, der als vollkommen Erwachter gilt, eine Übung vor. Wir würden wahrscheinlich sagen, eine ziemlich leichte Übung, nämlich sich ab und zu mit einer tiefgehenden Lehrrede von der Leerheit zu befassen. Und Dhammadinno sagt einfach: Das ist für uns nicht gut zu machen, denn bei uns ist es zu unruhig und außerdem wir wollen das Leben genießen. Obwohl er offensichtlich schon buddhistisch praktiziert, nämlich die 5 Übungspfade, geht ihm die vorgeschlagene Aufgabe zu weit. Er erkennt realistisch, würde er sich mit der Lehre von der Leerheit befassen, geriete sein ganzes Leben ins Wanken.

Ich bin tief beeindruckt von dieser Ehrlichkeit. Der Mann gibt angesichts eines Buddha nicht an und tut nicht so, als sei er schon weiter auf dem buddhistischen Weg als er wirklich ist. Wie würde ich mich z.B. S.H. dem Dalai Lama gegenüber in einer ähnlichen Situation  verhalten? Und du? Bin ich wenigstens mir selbst gegenüber ehrlich? Seit mir der Weg vollständig klar geworden ist, fällt es mir leichter einzugestehen, wo es überall noch hakt und trotzdem zufrieden zu sein. Denn ich weiß, ich mache jeden Tag weiter und werde ans Ziel kommen.

 

Die Antwort des Buddha

Der Buddha ermahnt Dhammadinno jetzt nicht streng : Willst du nun weiterkommen oder nicht? Finde Wege, diese Übung zu machen!

Sondern er  antwortet schlicht:

“ Dann ist es gut für euch zu üben … „

Damit wird von allerhöchster Stelle empfohlen, den buddhistischen Weg an die eigenen Möglichkeiten anzupassen. Den Weg, nicht die Inhalte.

 

Die Empfehlung des Buddha

Und wie soll man sich üben?

„Dann ist es gut für euch zu üben:

Beim Erwachten wollen wir zu der endgültigen befriedenden Klarheit erwachsen: ‚Das ist wahrhaftig der Ehrhabene, genesen, der Vollkommen Erwachte.‘

Bei der Lehre wollen wir zu der endgültigen, befriedenden Klarheit erwachsen: ‚Wohlverkündet ist vom Erhabenen die Lehre, unmittelbar einleuchtend, zeitlos, sie lädt ein: Komm und sie selbst!‘

Bei der Heilsgängergemeinde wollen wir zu der endgültigen, befriedenden Klarheit erwachsen: ‚Richtig nachgefolgt ist beim Erhabenen die Gemeinde der Heilsgänger, offen und gerade, hat ihr Leben nach ihrer Einsicht ausgerichtet, führt das wahre Leben, nämlich als die vier Paare von Menschen nach acht Graden von Menschen‘.

‚Erwachsen wollen wir zu den Tugenden (die 5 Übungspfade), wie sie den Heilsgängern wert sind: unzerstückelt, an denen man nicht festhängt, so dass sie zur Einigung führen.‘ „

 

Glauben verboten

Es heißt immer wieder: „…wollen wir zu der endgültigen, befriedenden Klarheit erwachsen …“ – nicht “ …glauben wir an …“.

Im Buddhismus ist Glauben verboten. Es geht darum, die Anleitungen zu verstehen, sie selbst anzuwenden und dabei zu prüfen, ob sie zu weniger Unzufriedenheit, Unruhe oder Leid, ob sie zum Frieden führen. Erst nach erfolgreicher Überprüfung sollen sie endgültig übernommen werden.

Falls du jetzt enttäuscht denkst: Das klingt alles viel zu lasch, das führt doch niemals zur Erleuchtung – keine Sorge. Während du den Erwachten prüfst, die Lehre, die Gemeinschaft auf dem Weg zum Erwachen und die Tugenden, wirst du tief in die Lehre eintauchen und sie in deinem Alltag umsetzen.

Fang einfach an oder mach einfach weiter.

Mit diesem Vorgehen kannst Du sogar einen wichtigen Meilenstein erreichen.

 

Stromeintritt

Das Gespräch geht folgendermaßen weiter:

Da antworteten die Hausleute: „Was da vom Erhabenen als die vier Glieder des Stromeintritts gezeigt worden ist, diese Eigenschaften sind bei uns zu finden, und wir leben aus ihnen.“

„Dann habt ihr es erreicht. Die Frucht des Stromeintritts ist bestätigt.“

( S 55.53 Übersetzung von Fritz Schäfer aus: Der Buddha sprach nicht nur für Mönche und Nonnen)

Was ist das, der Stromeintritt?

Der Strom, in den du eintrittst, ist der Strom der Lehre und es heißt, dass du von da an unaufhaltsam nach spätestens 7 weiteren Leben zum Erwachen getragen wirst, selbst als nachlässiger Stromeingetretener, also wenn du dich nicht mehr anstrengst. Du wirst es selbst klar merken, wenn du in den Strom eintrittst und dann weißt du auch, dass es so etwas wie einen Stromeintritt gibt.

Bis dahin brauchst du nicht daran zu glauben. Lass es einfach stehen und warte auf den Zeitpunkt, an dem du es selbst überprüfen kannst. Gehe den buddhistischen Weg in deinem Tempo, und mach‘ einfach immer weiter. Das ist das Wichtigste.

Bild: pressmaster / 123RF Stockfoto

Wie sieht dein buddhistischer Weg aus, wo sind die Hindernisse und welche Fragen würdest du dem Buddha stellen? Schreibe mir einen Kommentar.

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2 Gedanken zu „Der buddhistische Weg im Alltag

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